Chemsex

Nachfolgend haben wir wichtige Informationen rund ums Thema „Chemsex“ zusammengefasst.

Der Begriff „Chemsex“ bezeichnet Sex unter dem Einfluss psychoaktiver Substanzen – sogenannter Chems bzw. Chemicals. Besonders häufig wird Chemsex in der schwulen / queeren Szene praktiziert, ist aber grundsätzlich nicht auf eine bestimmte Gruppe beschränkt.

Chemsex findet oft im privaten Umfeld statt, den sogenannten „chills“. Diese Sessions können mehrere Tage andauern. Teils reisen Szenegänger*innen an einem Wochenende zu mehreren „chills“ und bleiben tagelang unter Substanzeinfluss. Verabredungen finden meist vorab online über Dating Apps wie beispielsweise „Grinder“ statt.

Konsumiert werden dabei oft hochriskante Substanzen, die für sich schon eine große Gefahr für die psychische und körperliche Gesundheit darstellen. Es kann z.B. auch vorkommen, dass Menschen dadurch zu riskanteren Konsumformen verleitet werden, als sie es gewohnt sind. Auch intravenöser Konsum und das Rauchen von Crystal und Crack können dabei eine Rolle spielen.

Der Substanzkonsum kann die körperliche Leistungsfähigkeit steigern, das sexuelle Erleben intensivieren und enthemmend wirken. Die wiederholte und gezielte Kombination von Substanzkonsum und Sex birgt jedoch auch ernstzunehmende gesundheitliche und psychische Risiken.

Das Wichtigste über Chemsex

  • Chemsex bedeutet gezielt Sex unter Einfluss von Drogen. Besonders verbreitet ist Chemsex bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM).
  • Die Einnahme erfolgt unterschiedlich – z.B. durch Schlucken, Sniffen, Rauchen oder intravenöses Injizieren, sog. „slammen“. 
  • Chemsex kann Risiken für Körper und Psyche erhöhen. Dazu zählen u.a. Abhängigkeit, Überdosierung, Verletzungen, Übertragungen von Geschlechtskrankheiten oder traumatische Erfahrungen.
  • Safer Sex- und Safer-Use-Regeln können helfen, einige Risiken zu verringern – einen risikofreien Konsum gibt es aber nicht.
  • Beratung und Hilfe sind möglich – anonym, vertraulich und ohne Vorverurteilung.

Was sind Chems?

Bei Chems handelt es sich um synthetisch hergestellte, psychoaktive Substanzen. Im Zusammenhang mit Chemsex werden vor allem folgende Drogen verwendet:

Die Wirkstoffe beeinflussen das Bewusstsein, machen wach und leistungsfähig, senken Hemmungen und können das sexuelle Erleben intensivieren. Gleichzeitig ist ihr Konsum mit hohen Risiken verbunden – diese Risiken werden bei Mischkonsum oder intravenöser Anwendung unkalkulierbar!

Konsumformen

Chems können auf unterschiedliche Weise konsumiert werden – z.B.

  • Orale Einnahme: geschluckt oder in Getränken aufgelöst 
  • Nasale Einnahme: gesnifft (durch die Nase gezogen)
  • Rektale Einnahme: anal eingeführt („Booty Bumping“/“boofen“)
  • Intravenös: gespritzt – dies wird als „slammen“ bezeichnet

Vor allem das Spritzen birgt hohe Risiken, z.B. für Überdosierungen oder Infektionen (HIV, Hepatitis B/C) durch geteiltes Spritzbesteck.

Risiken beim Chemsex

Chemsex kann körperlich und psychisch belastend sein. Zu den häufigsten Risiken gehören:

  • Überdosierung oder Kreislaufversagen
  • Sexuell übertragbare Infektionen (STI) durch ungeschützten Sex 
  • Abhängigkeit oder Kontrollverlust
  • Verletzungen oder sexuelle Grenzverletzungen
  • Psychische Krisen, Paranoia oder depressive Zustände
  • therapiebedürftiges Abhängigkeitsrisiko bei regelmäßigem Chemsex

Wie kann man Risiken reduzieren?

Einige Risiken lassen sich durch bestimmte Vorsichtsmaßnahmen verringern:

  • Safer Sex: HIV-PreP (Präexositionsprophylaxe), Kondome benutzen und regelmäßig wechseln, Handschuhe, eigene Toys benutzen.
  • Safer-Use: keine gebrauchten Spritzen teilen, Dosierung kontrollieren. Der Chemsex-Check von Checkpoint Berlin bietet Unterstützung, die eigenen Grenzen abzuwägen.
  • Verantwortung: klare Absprachen (Consens) mit Sexualpartnern, nicht allein konsumieren, aufeinander achten.
  • Pausen einlegen und ausreichend schlafen, essen, trinken

Mehr Infos zur HIV-PreP: https://www.aidshilfe.de/de/hiv-prep

Dennoch gilt: Kein Konsum ist ohne Risiko. Auf sich selbst und andere zu achten, steht immer an erster Stelle.

Unterstützung und Beratung

Sex unter Substanzkonsum kann schnell zur Gewohnheit werden. Chemsex Praktizierende berichten häufig von Problemen, Sex nüchtern noch als etwas Schönes zu erleben. Wer Fragen zum Thema Chemsex hat oder Unterstützung sucht, findet vertrauliche Beratung bei vielen spezialisierten Einrichtungen – persönlich, telefonisch oder online. Die Angebote sind auf die individuelle Situation abgestimmt und wertfrei. Ziel ist es immer, die eigene Lebensqualität zu verbessern – egal, ob es um Reduktion, Ausstieg oder einfach um Orientierung geht.

Beratungsstellen

Was tun im Notfall?

Beim Konsum von Chems kann es zu Notfällen kommen. Ein Drogen-Notfall kann beispielsweise durch Veränderung der Toleranz nach Abstinenz, Unwissenheit, Veränderung der Reinheit einer Droge, (un)geplantem Mischkonsum und/oder Fehldeklarationen entstehen. 

Anzeichen einer Überdosis sind Kreislaufprobleme und Bewusstlosigkeit, Atemdepression, Krampfanfall, aggressives Verhalten, „Bad Trip“ und Psychose ähnlicher Zustand aufgrund von Substanzkonsum in Kombination mit Schlafentzug, sowie ein dissoziativer Zustand.

Auch kann die Drogenwirkung eine bestehende Erkrankung wie bspw. Diabetes oder Herzprobleme verstärken. Starke, langanhaltende Anstrengungen beim Sex in Kombination mit einer stimulierenden Drogenwirkung kann den Organismus besonders stark belasten. Dem gegenüber erhöhen schmerzlindernde und entspannende Substanzen Risiken für unbemerkte innere Verletzungen. 

Wichtig: Bei einem drogenbedingten Notfall, Eigen- oder Fremdgefährdung sofort den Notruf (112) wählen – keine Scheu davor, Hilfe zu holen! 

Ihr sagt am Telefon nichts von Drogen, beschreibt lediglich den Notfall. Den Rettungskräften vor Ort teilt Ihr alle Informationen zum vorangegangenen Substanzkonsum mit. Rettungskräfte unterliegen der Schweigepflicht!

Besteht der Verdacht auf eine HIV-Infektion nach Risikokontakt, kann eine PEP (Postexpositionsprophylaxe) helfen. Diese muss schnellstmöglich – am besten innerhalb von 2 Stunden, spätestens aber innerhalb von 24–48 Stunden – begonnen werden.

Mehr Infos zur PEP: https://www.aidshilfe.de/de/PEP