Was tun bei Entzugserscheinungen?

Beim Stichwort Entzug denkt man oft zuerst an den „Alkohol-Flattermann“ oder den „Heroin-Turkey“. Doch auch bei anderen psychoaktiven Substanzen können nach dem Absetzen unangenehme Symptome auftreten.

Was sind Entzugserscheinungen?

Der menschliche Körper und seine Psyche gewöhnen sich mit der Zeit an den regelmäßigen Konsum einer Substanz. Wird diese nicht mehr genommen, muss sich der Organismus auf „die neue Situation“ einstellen. Bis er das geschafft hat, reagiert er mit Entzugssymptomen.

Doch nicht bei jedem Menschen ist das der Fall. Ob man entzügig wird und wie stark die Symptome ausfallen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Hier spielt natürlich die Art der Substanz eine Rolle, aber vor allem auch wie lange, wie oft und in welcher Dosierung man sie eingenommen hat.

Wie äußern sich Entzugserscheinungen?

Von Substanz zu Substanz und von Mensch zu Mensch sind die Entzugssymptome unterschiedlich. Die folgende Liste gibt deshalb nur einen groben Überblick:

Häufig treten auf:

  • Unruhe
  • Gereiztheit
  • Schlafprobleme
  • Übelkeit
  • intensive Träume / Alpträume
  • Konzentrationsprobleme
  • Gedächtnisprobleme
  • Appetitlosigkeit
  • Konsumdruck
  • Ängstlichkeit

Bei Folgenden körperlichen Symptomen solltest du überlegen, einen Arzt aufzusuchen.

  • Übelkeit und Erbrechen
  • Durchfall
  • depressive Episoden (länger als zwei Wochen)
  • starkes Schwitzen

 Eine unbedingte ärztliche Abklärung erfordern diese Entzugserscheinungen:

  • Herzrasen
  • Hoher Blutdruck
  • Halluzinationen und psychotische Symptome
  • Suizidgedanken
  • Krampfanfälle
  • Lähmungserscheinungen
  • Orientierungslosigkeit
  • Verwirrtheitszustände

Wichtig: Der Entzug von Alkohol, Benzodiazepinen (Beruhigungsmedikamenten), GHB (Liquid Ecstasy) und einigen Schnüffelstoffen kann lebensgefährlich sein. Geh deshalb unbedingt zuerst zu einem Arzt, bevor du den Entzug „auf eigene Faust“ versuchst.

Suche dir Unterstützung!

Welche Personen in deinem Umfeld können dir beim Entzug helfen? Rede mit ihnen und weihe sie in deine Pläne ein. Bereite sie darauf vor, was auf dich (und evtl. auch auf sie) zukommen wird (z.B. Gereiztheit, Appetitlosigkeit, Schlafprobleme). Sobald der Entzug beginnt, rede mit Ihnen über die Schwierigkeiten. Teile ihnen deine Gedanken mit (vor allem wenn du in Versuchung gerätst, wieder zu konsumieren). Scheue dich nicht davor, Kontakt zu einem Arzt, zu einer Suchtberatungsstelle (für beide gilt die Schweigepflicht) oder zu Selbsthilfegruppen aufzunehmen.

Plane deine Tage!

Gerade am Anfang fällt es einem oft schwer, sich aufzuraffen. Sicher – dein Körper verdient Ruhe. Gleichzeitig ist aber Ablenkung oft die beste Medizin. Versuche deine Tage so gut es geht zu füllen. Mache dir eine Liste mit Dingen, die dir gut tun. Verabrede dich mit Menschen, die nicht konsumieren. Plane deine Tage von morgens bis abends.

Versuche dich zu Entspannen!

Es ist sehr wahrscheinlich, dass du dich im Entzug extrem angespannt fühlst. Deshalb ist es wichtig, funktionierende Entspannungsmöglichkeiten zu finden. Denke mal nach! Bestimmt kennst du schon Wege, um zu relaxen. Musik hören, Fernseher schauen, ein Buch lesen, ein warmes Bad nehmen oder mit einem Freund spazieren gehen. Jeder hat seine eigenen Möglichkeiten. Wenn diese nicht ausreichen, probiere doch mal was Neues aus! Hier findest du eine mp3-Datei mit einer Entspannungsübung. Kopfhörer auf und los!

Was hilft bei Schlafproblemen?

Im Entzug kommt es bei vielen Menschen zu Schlafstörungen. Schlaflose Nächte sind anstrengend, energieraubend und können einen in den Wahnsinn treiben! Auch wenn es manchmal schwer ist, erinnere dich immer daran: Die Schlafprobleme werden vorbeigehen.

Folgende Tipps können dir in der Zwischenzeit helfen:

  • Versuche erst dann ins Bett zu gehen, wenn du auch wirklich müde bist!
  • Mache dein Schlafzimmer so dunkel wie nur möglich! Benutze Jalousien oder einen Vorhang, verdecke alle indirekten Lichtquellen (z.B. Steckerleisten, TV-Receiver), usw.
  • Sorge für die richtige Raumtemperatur!Es sollte nicht zu kalt und nicht zu warm sein. Als beste Einschlaftemperatur gilt 18 Grad Celsius.
  • Laute und unregelmäßige Außengeräusche stören den Schlaf!Versuche dein Schlafzimmer so „schalldicht“ wie möglich zu kriegen.
  • Das Bett ist nur zum Schlafen (und zum Sex) da! Geh für alle anderen Aktivitäten (z.B. Fernsehen, Computerspielen) in einen anderen Raum.
  • Versuche dich vor dem Einschlafen zu entspannen!
  • Wenn du nach 30 Minuten immer noch wach liegst! Steh auf und geh in einen anderen Raum. Mach irgendetwas, was nicht allzu viel Aktivität erfordert. Geh erst wieder schlafen, wenn du müde bist.
  • Treibe unbedingt Sport, er hilft dir abends beim Einschlafen! 3-4 Stunden vor dem zu-Bett-gehen solltest du jedoch sportliche Aktivitäten meiden. Zudem hilft auspowern bis zur völligen Erschöpfung meist nicht beim Einschlafen, sondern bewirkt eher das Gegenteil.
  • Stehe morgens immer zur gleichen Zeit auf, egal wie lange du geschlafen hast! Nur so kann sich dein Körper an einen neuen Rhythmus gewöhnen.
  • Ein heißes Bad mit Lavendel hilft gut bei Schlafproblemen.
  • Auch warme Getränke können das Einschlafen unterstützten (z.B. Kamillentee, Milch mit Honig, usw.)
  • Sauerkirsch-Saft ist erwiesenermaßen ein wirksames Einschlafmittel, da er Melatonin (das natürliche Schlafhormon) enthält. In Apotheken und Reformhäusern gibt es noch weitere natürliche Produkte, die schlaffördernd wirken. Lass Dich beraten! Für alle pflanzlichen Beruhigungs- und Schlafmittel gilt: Sie wirken meist erst nach ein bis zwei Wochen.

 Was sollte vermieden werden?

  • Mache keinen Mittagsschlaf! Erlaub es dir auch nicht, bei Entspannungsübungen „einzunicken“!
  • Schau nachts nicht ständig auf die Uhr! Wenn du nicht einschlafen kannst, wirst du dich dadurch nur noch mehr ärgern.
  • Falls Du Raucher bist! Nikotin wirkt wachmachend. Kannst du die Zigaretten nicht ganz weglassen, versuche zumindest einige Stunden vor dem Einschlafen nicht zu rauchen. Unbedingt solltest Du das Rauchen im Schlafzimmer unterlassen.
  • Vorsicht mit Koffein!Der mäßige Genuß von Kaffee, Cola oder Energy-Drinks tagsüber ist ok. Mindestens 3-4 Stunden vor dem Einschlafen solltest Du jedoch auf Koffein verzichten.
  • Alkohol ist tückisch!Er hilft zwar anfangs beim Einschlafen, führt aber oft zu Schlafunterbrechungen oder frühem Aufwachen. Vorsicht ist auch bezüglich einer möglichen Konsumverschiebung geboten.
  • Schlaf- und Beruhigungsmittel helfen beim Einschlafen, verhindern aber dass dein Körper seinen neuen Schlafrhythmus findet. Außerdem haben sie ein hohes Abhängigkeitspotential. Wenn du dich trotzdem dazu entscheidest, halte dich unbedingt an die Anweisungen deines Arztes.

Vorsicht Konsumverschiebung!

Gerade im Entzug kommt man leicht in Versuchung, unangenehme Symptome durch andere Substanzen (z.B. Alkohol oder Cannabis) zu „behandeln“. Kurzfristig kann das funktionieren, langfristig entstehen dadurch oft Probleme. Wenn du willst, dass dein Körper wieder in seinen natürlichen Rhythmus kommt, lass alle Substanzen weg!

Du glaubst nicht durchzuhalten?

Gerade die ersten Tage können sich wie eine Ewigkeit anfühlen. Oft sagen einem die Gedanken: „Das wird nie besser werden!“. Versuche dich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Plane in kurzen Zeiträumen! Wie schaffst du es bis heute Abend durchzuhalten? Danach kannst Du über morgen nachdenken. Erinnere dich immer wieder, dass du es schon bis hierhin geschafft hast! Mache genau das weiter, was dir bisher geholfen hat! Es wird von Tag zu Tag besser werden.

Was tun bei einem Ausrutscher?

Manchmal gibt es „schwache“ Momente. Es passiert vielen Menschen, dass trotz aller guten Vorsätze ein „Ausrutscher“ vorkommt. Das bedeutet aber nicht, dass alles keinen Sinn mehr macht!

Erste Hilfe beim Rückfall:

  • Versuche, dich nicht selbst zu bestrafen.
  • Wende Dich an eine Person deines Vertrauens, an eine Beratungsstelle oder an eine Selbsthilfegruppe.
  • Setzte dich mit dem Rückfall auseinander. Warum ist er passiert? Was kannst du in Zukunft besser machen?

Aus jedem Rückfall wirst du lernen. Vielleicht war er genau der „Stolperstein“, den du gebraucht hast um dein Ziel zu erreichen.