NEWS Quartalsupdate Q4|23

NEWS Update 2023 Quartal 4

Einführung

Wir freuen uns, Ihnen das vierte Quartals-Update 2023 zum Projekt „NEWS“ (für National Early Warning System), dem bundesweiten Frühwarnsystem zu Neuentwicklungen im Bereich psychoaktiver Substanzen und Medikamentenmissbrauch, zu präsentieren!

 

HIGHLIGHTS IN DIESEM QUARTAL

Routinedaten

Die Routinedaten, die in die NEWS-Updates quartalsweise einfließen, basieren unter anderem auf unseren Befragungen unter Konsumierenden, zu der wir alle Interessierte weiterhin herzlich einladen möchten!

Wenn Sie uns bei der Bewerbung des Online-Fragebogens für Konsumierende unterstützen möchten und dafür gerne entsprechendes Material hätten (d.h. Poster und/oder Sticker), freuen wir uns über eine kurze Nachricht an: news-projekt@ift.de.

Hier finden Sie nähere Informationen zur Analyse von Substanzproben, die im Rahmen von NEWS durchgeführt werden.

Wenn Sie sich dafür interessieren, einer unserer Partner zu werden, bei dem es möglich ist, Proben abzugeben, kontaktieren Sie uns gerne: news-projekt@ift.de.

Sämtliche NEWS-Veröffentlichungen sowie weiterführende Informationen zum Projekt finden Sie immer aktuell hier:

Routinemonitoring: Online-Befragungen

Was haben wir gefragt?

Seit Ende November 2021 erheben wir mittels Online-Fragebögen und Fokusgruppen fortlaufend Daten zu gesundheitsgefährdenden Entwicklungen im Bereich psychoaktiver Substanzen und Medikamentenmissbrauch. Befragt werden hierbei Konsumierende sowie Expert:innen aus dem Drogen- und Suchthilfekontext. Der Fragebogen für Konsumierende umfasst neben Fragen zu gesundheitsrelevanten Entwicklungen auch Fragen zur Soziodemografie und zum Substanzkonsum. Seit November 2023 laden wir zudem, pro Quartal rotierend, Expert:innen aus der klassisch niedrigschwelligen Hilfe (Konsumräume, Kontaktcafés, Streetwork) und Expert:innen aus dem „neueren“ niedrigschwelligen Bereich (Partyprojekte, Online-Streetwork, niedrigschwellige Prävention bei Jugendlichen) zu Online-Fokusgruppen ein, um vertieft neue Entwicklungen innerhalb bestimmter Szenen zu erörtern. In die vorliegende Auswertung flossen Daten aus dem Zeitraum vom 1. September bis zum 30. November 2023 ein.

Wer hat geantwortet?

Von den insgesamt n = 157 Konsumierenden waren

  • 24,2 % weiblich
  • 68,8 % männlich
  • 3,8 % divers
  • 3,2 % machten keine Angabe zu ihrem Geschlecht.

Die Konsumierenden gaben an, zwischen 16 und 65 Jahre alt zu sein (Medianalter= 30 Jahre, arithmetisches Mittel=31,8 Jahre, SD=11,0 Jahre). Dies ist das höchste durchschnittliche Alter unser bisherigen Erhebungen. Die Wohnsitze/gewöhnlichen Aufenthalte der Konsumierenden werden in u.s. Karte dargestellt.

Wohnsitze/gewöhnliche Aufenthalte der Konsumierenden nach Bundesland (n = 156 Konsumierende, n = 1 außerhalb Deutschlands; Einfachnennung)

 

Rekrutierung

Die Konsumierenden wurden über die folgenden Wege rekrutiert:

  • 62,4 % über ein Party-/Peer-Präventionsprojekt
  • 3,8 % über eine Suchthilfeeinrichtung
  • 33,8 % über sonstige Wege, insbesondere über soziale Medien (primär X / Twitter). In unseren bisherigen acht Quartals-Updates wurden noch nie so viele Teilnehmenden hierüber rekrutiert.

Insgesamt n = 135 Konsumierende berichteten über mindestens eine substanzspezifische Neuentwicklung (n = 132) oder ein neues Phänomen (n = 44). Darüber hinaus machten n = 126 Konsumierende Angaben zu ihrem Substanzkonsum.

Für die Erstellung und Durchführung der Online-Befragung wurde die Software SoSci Survey verwendet, die Auswertung erfolgte mittels RStudio und Microsoft Excel.

An der Fokusgruppe nahmen n = 8 Expert:innen vorrangig aus der klassisch niedrigschwelligen Hilfe teil. Die Expert:innen stammen aus Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, einer weiteren norddeutschen Großstadt, Nordrhein-Westfalen sowie einer ostdeutschen Großstadt.

Die Fokusgruppe fand online via Microsoft Teams statt und dauerte 105 Minuten. Sie wurde mittels der Funktion Game DVR aufgezeichnet, transkribiert und unter Zuhilfenahme von MAXQDA, einer Software zur computergestützten qualitativen Daten- und Textanalyse, ausgewertet. Zudem wurden die schriftlichen Antworten zweier Expert:innen aus Köln und einer weiteren ostdeutschen Großstadt berücksichtigt, die auf eine kurze Abfrage im Vorfeld der Fokusgruppe via E-Mail eingegangen waren.

 

Was sind hauptsächliche Ergebnisse?

Substanzkonsum

Die 30-Tages- sowie 12-Monats-Prävalenzen der am häufigsten genannten Substanzen sind in den beiden Abbildungen unten dargestellt (bitte Abbildung durch Klick auf „Inhalt laden“ öffnen).

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Bezogen auf den Konsum der letzten zwölf Monate:

  • 84,9 % der 126 Befragten, die Angaben zum Substanzkonsum tätigten, gaben an, Alkohol konsumiert zu haben.
  • 77,0 % konsumierten Cannabis (hiervon 76,2 % THC-haltige Cannabisprodukte und 28,6 % CBD-haltige Cannabisprodukte).
  • 25,4 % gaben das halbsynthetische Cannabinoid Hexahydrocannabinol (HHC) an.
  • Unter den Stimulanzien wurden genannt:
    • MDMA (38,9 %)
    • Amphetamin (34,1 %)
    • Kokain (31,7 %)
  • 27,0 % der Befragten führten Ketamin an.
  • 25,4 % konsumierten Substanzen aus dem Bereich der Halluzinogene, insbesondere LSD (19,8 %) und psilocybinhaltige Pilze (15,1 %).

Medikamente

16,7 % der Befragten gaben an, in den letzten 12 Monaten opioidhaltige Medikamente konsumiert zu haben, am häufigsten Tilidin (12,7 %).

Benzodiazepine wurden von 11,9 % angegeben, darunter:

  • Lorazepam (6,3 %)
  • Diazepam (4,8 %)
  • Alprazolam (7,1 %)

Insgesamt 16,7 % der Befragten gaben an, neue psychoaktive Stoffe (NPS) innerhalb der letzten zwölf Monate konsumiert zu haben; genannt wurden hier vor allem

  • Halluzinogene Research Chemicals (RCs, 13,5 %)
  • Cathinone (6,3 %)

Andere Substanzen

Schnüffelstoffe wurden von 11,1 % der Konsumierenden genannt, darunter Lachgas mit einer 12-Monats-Prävalenz von 7,9 %. GHB/GBL/BDO nannten 7,1 %.

Trends des Substanzkonsums

Seit dem Quartals-Update 02/2023 präsentieren wir auch Trends des Substanzkonsums. Hierfür berechnen wir die Differenz der 30-Tages-Prävalenz des aktuellen Quartals mit der durchschnittlichen 30-Tages-Prävalenz der vergangenen vier Quartale (Q4/22 bis Q3/23), d.h. über einen Zeitraum von einem Jahr. Die Abbildung unten weist die größten (positiven wie negativen) Abweichungen dieser Differenzen aus.  

 

 

Konsumtrends

Veränderungen der 30-Tages-Prävalenz des Konsums verschiedener psychoaktiver Substanzen bei den Konsumierenden. Die dunkelgrünen Balken stellen die durchschnittliche 30-Tages-Prävalenz der letzten vier Erhebungen dar. Grüne Balken zeigen einen Rückgang der Prävalenz im Vergleich zu den letzten vier Erhebungen (Q4/2022 – Q3/2023: n = 404; Q3/2023: n =126).

 

Wie in obiger Abbildung dargestellt, verzeichnete im aktuellen Quartal keine Substanz einen nennenswerten Anstieg in der 30-Tages-Prävalenz im Vergleich zu den letzten vier Erhebungen. Der größte Anstieg (von 10,8 % auf 14,3 %) konnte bei HHC beobachtet werden, schaffte es aber nicht über den definierten Schwellenwert.

Ein nennenswerter Rückgang in der 30-Tages-Prävalenz konnte für Amphetamin (- 10,2 Prozentpunkte), Kokain (- 9,1 Prozentpunkte), Ketamin (- 7,1 Prozentpunkte), Heroin (- 4,9 Prozentpunkte), Substitutionsmittel (- 4,5 Prozentpunkte) sowie psilocybinhaltige Pilze (- 4,0 Prozentpunkte) verzeichnet werden. Auch Oxycodon, Cathinone, Codein und Alprazolam überschritten mit einem Rückgang von zwischen - 3,0 und - 3,6 Prozentpunkten knapp den Schwellenwert.

Ein Grund für die Verschiebungen der 30-Tages-Prävalenzen könnte in der im Vergleich zu den bisherigen Quartals-Updates etwas anderen Stichprobenzusammensetzung (relativ hoher Anteil an Teilnehmenden, die über soziale Medien rekrutiert wurden) begründet sein.

Neuentwicklungen zu bestimmten Substanzen

Die am häufigsten genannten Substanzen/Substanzgruppen, zu denen insgesamt n = 132 Konsumierende angaben, dass diese an Bedeutung gewonnen haben, sind in der Tabelle unten dargestellt. Der Großteil der Teilnehmenden machte überdies nähere Angaben zur Art der beobachteten Neuentwicklungen.

Anzahl der Konsumierenden, die zu mindestens einer Substanz(gruppe) eine Neuentwicklung beobachtet haben, aufgeteilt nach Substanz(gruppe).

Substanz(-gruppe) Konsumierende n (%)
  132 (100)
NPS gesamt 61 (46,2)
- davon halluzinogene RCs 35 (26,5)
- davon synth. Cannabinoide 28 (21,2)
- davon Cathinone 21 (15,9)
Medikamente gesamt 58 (43,9)
- davon Opioide 49 (37,1)
- davon Benzodiazepine 30 (22,7)
Cannabis gesamt 63 (47,7)
- davon THC-haltige Cannabisprodukte 56 (42,4)
- davon CBD-haltige Cannabisprodukte 39 (29,6)
HHC 73 (55,3)
Ketamin 34 (25,8)
Lachgas 28 (21,2)
Kokain 24 (18,2)
Amphetamin 23 (17,4)
MDMA 20 (15,1)

Hierbei handelt es sich nur um eine Auswahl an Stoffen, zu denen Neuentwicklungen berichtet wurden; Mehrfachnennungen möglich  

NPS: synthetische Cannabinoide, Cathinone, synthetische Opioide, „Designer-Benzodiazepine", halluzinogene RCs, andere NPS 

Medikamente ges.: Codein, Tilidin, Tramadol, Fentanyl, Substitutionsmittel, Benzodiazepine, Methylphenidat, Lyrica, Z-Drugs, andere Medikamente, Codein, Tilidin, Tramadol, Fentanyl, Substitutionsmittel

NPS

Insgesamt n = 61 Konsumierende sowie n = 2 der acht Expert:innen, die an der Fokusgruppe teilgenommen haben, gaben an, Neuentwicklungen bezüglich NPS beobachtet zu haben. Davon bezogen sich n = 35 Konsumierende auf halluzinogene RCs, n = 28 Konsumierende auf synthetische Cannabinoide, n = 21 Konsumierende sowie n = 2 Expert:innen auf Cathinone, n = 9 Konsumierende sowie n = 2 Expert:innen auf synthetische Opioide und n = 6 Konsumierende auf Designer-Benzodiazepine.

Halluzinogene RCs. Insgesamt n = 10 Konsumierende gaben an, dass halluzinogene RCs in der Szene neu aufgetreten seien. Von n = 2 wurde weiterhin berichtet, dass die Häufigkeit des Konsums gestiegen sei, und von n = 3, dass sie von bestimmten Usergruppen häufiger konsumiert würden (ohne dies zu spezifizieren). Je n = 2 Konsumierende gaben an, dass halluzinogene RCs höher sowie häufiger im Mikrogrammbereich dosiert würden. Außerdem seien sie leicht über das Internet verfügbar (n = 9), besonders rein (n = 4) und in der letzten Zeit häufiger im Gespräch (n = 4). Ein weiteres Thema, welches von insgesamt n = 9 Konsumierenden benannt wurde, war der rechtliche Status von halluzinogenen RCs sowie der rechtliche Status von „klassischen“ Halluzinogenen im Betäubungsmittelgesetz (BtMG).  

Synthetische Cannabinoide. Von n = 7 Konsumierenden wurde berichtet, dass synthetische Cannabinoide in der Szene neu aufgetreten seien. Laut n = 2 Konsumierenden würden sie zudem höher dosiert. Weiterhin gaben Konsumierende an, dass synthetische Cannabinoide besonders leicht verfügbar (n = 6) und besonders günstig (n = 4) seien. Von n = 4 Konsumierenden wurde zudem angeführt, dass Cannabis z.T. mit synthetischen Cannabinoiden verunreinigt sei. Außerdem seien synthetische Cannabinoide häufiger in Zusammenhang mit der rechtlichen Lage von THC-haltigen Cannabisprodukten im Gespräch (n = 3).

Cathinone. Cathinone seien = 10 Konsumierenden zufolge neu in der Szene aufgetreten. Darüber hinaus sei auch die Häufigkeit des (Misch-)Konsums gestiegen (n = 3). Cathinone seien zudem besonders leicht verfügbar (n = 5) und besonders günstig (n = 3).

In der Fokusgruppe gaben n = 2 Expert:innen an, dass Cathinone bzw. „Badesalze“ insbesondere in München ein Thema wären. Diese machten sich dort seit 2014/15 immer wieder in Wellen bemerkbar, die mit massivem intravenösem Konsum einhergingen. Inzwischen würden die Cathinone auch vermehrt in Pfeifen geraucht. Insgesamt gestalte sich die Lage aufgrund von zunehmenden Fehldeklarationen aber unübersichtlich.

 

Medikamente: Opioide und Benzodiazepine

Insgesamt = 58 Konsumierende gaben Neuentwicklungen bezüglich des missbräuchlichen Gebrauchs von Medikamenten an. Hierbei bezogen sich n = 49 auf opioidhaltige Medikamente und n = 30 auf Benzodiazepine. Des Weiteren wurden Methylphenidat (Ritalin® etc., = 8), Gabapentin/Pregabalin (Lyrica®, = 3), Z-Drugs (n = 2) und andere Medikamente (n = 2) genannt. Auch die Expert:innen gingen auf das Thema Medikamentenmissbrauch ein, wobei sich mit Fokus auf die klassisch niedrigschwellige Hilfe hier insgesamt nur wenig wirklich neue Entwicklungen abzeichneten.

Opioidhaltige Medikamente. Von den n = 49 Konsumierenden, die opioidhaltigen Medikamenten eine zunehmende Bedeutung zusprachen, äußerten sich n = 30 zu Fentanyl, n = 25 zu Tilidin, n = 14 zu Codein, n = 6 zu Tramadol und n = 2 zu Substitutionsmitteln.

Konsumierende gaben an, dass Fentanyl (n = 11), Tilidin (n = 2) und Codein (n = 3) neu in der Szene aufgetaucht seien. Bezüglich eines Anstiegs der Häufigkeit des Mischkonsums äußerten sich n = 11 zu Tilidin, n = 3 zu Codein und n = 2 zu Fentanyl. Weiterhing gaben Konsumierende an, dass Tilidin (n = 7), Codein (n = 2) und Fentanyl (n = 2) insgesamt häufiger konsumiert würden. Tilidin würde laut n = 8 Konsumierenden von bestimmten Usergruppen häufiger konsumiert, von n = 4 wurden hier Jugendliche angeführt. Je n = 2 Konsumierende merkten an, dass sich die Dosierung sowie die Art der Einnahme von Tilidin verändert habe und es auch höher dosiert würde. Eine besondere Wirkung von Tilidin und Fentanyl wurde von jeweils n = 2 Konsumierenden genannt; besondere Nebenwirkungen von Fentanyl wurden von weiteren n = 2 angemerkt, wurden aber nicht weiter spezifiziert. Des Weiteren wurde von Konsumierenden über eine leichte Verfügbarkeit von Tilidin (n = 2) und Fentanyl (n = 3) sowie eine besondere Reinheit von Fentanyl (n = 3) berichtet. Tilidin sei laut n = 6 Konsumierenden zudem häufiger durch das Vorkommen in der Musikszene (Rap, Hip-Hop, Pop) im Gespräch. Auch sei Fentanyl häufiger in Zusammenhang mit Verunreinigungen (= 2) und den aktuellen fentanylbezogenen Geschehnissen in den USA (n = 3) im Gespräch.

Dass opioidhaltige Medikamente wie Tilidin, Codein und Oxycodon zunehmend unter Jugendlichen verbreitet seien, wurde auch in der Fokusgruppe mit Expert:innen angeschnitten. Da die Expert:innen vorrangig jedoch aus der klassisch niedrigschwelligen Hilfe für Erwachsene stammten, nahm dieser Punkt insgesamt nur wenig Raum ein. Dennoch wurde hervorgehoben, dass die betreffenden Jugendlichen zum Teil sehr jung seien (circa 13 Jahre). In München sei in diesem Sommer zudem erstmals aufgefallen, dass sich die unterschiedlichen Szenen, d.h. die klassischen Drogengebraucher:innen und die Jugendlichen, über mehrere Monate hinweg „vermischt“ hätten. Im Herbst habe sich dies allerdings wiederdeutlich reduziert. Es wurde die Vermutung geäußert, dass Jugendliche im Verlauf der Coronapandemie dazu übergegangen seien, vermehrt Medikamente missbräuchlich zu verwenden, was sich nun auch mit der allgemein beobachteten zunehmenden Sichtbarkeit im öffentlichen Raum (s.u.) zeige. Zumeist würden opioidhaltige Medikamente in Tablettenform eingenommen, jedoch hätten Jugendliche vereinzelt auch damit begonnen, Opioide intravenös zu konsumieren.

Im Rahmen eines bundesweiten Modellprojekts zu illegal hergestelltem Fentanyl in Straßenheroin wurde festgestellt, dass Fentanyl in der Szene zwar punktuell angekommen sei und man das Thema, auch vor dem Hintergrund der Entwicklungen in Irland und England in Zusammenhang mit Benzimidazol-Opioiden sowie in der Schweiz vereinzelt in Zusammenhang mit Fentanyl, im Blick behalten sollte. Die Verbreitung sei insgesamt aber deutlich geringer als befürchtet.

Benzodiazepine. In Bezug auf Benzodiazepine gaben n = 30 Konsumierende an, Neuentwicklungen beobachtet zu haben. Es berichteten n = 5 Konsumierende, dass Benzodiazepine neu in der Szene aufgetaucht seien, und weitere n = 14, dass die Häufigkeit des Mischkonsums zugenommen habe und Benzodiazepine höher dosiert würden (n = 8). Benzodiazepine würden zudem häufiger von bestimmten Usergruppen konsumiert (n = 7), wobei hier vor allem Jugendliche angeführt wurden (n = 4). Benzodiazepine würden laut n = 4 Konsumierenden häufiger mit anderen Substanzen kombiniert (n = 4), darunter Cannabis und Alkohol (je n = 2). Außerdem habe sich laut je n = 2 die Art der Einnahme verändert und Benzodiazepine würden höher dosiert. Von n = 8 Konsumierenden wurden Angaben zur besonders leichten Verfügbarkeit, zur besonders hohen Reinheit (n = 3) und zum besonders günstigen Preis der Benzodiazepine (n = 2) gemacht. Als Bezugsquellen wurden von je n = 2 Konsumierenden Ärzt:innen und Dealer.innen genannt.

Auch in der Fokusgruppe wurden Benzodiazepine erwähnt, wobei angemerkt wurde, dass diese innerhalb der Szene eigentlich nichts Neues seien. Ein/e Expert:in berichtete, dass ihrem/seinem Eindruck nach Benzodiazepine durch Lyrica etwas abgelöst würden.

Cannabis

Insgesamt n = 63 Konsumierende gaben Neuentwicklungen in Bezug auf Cannabis an. Hierbei benannten n = 55 Entwicklungen zu THC-haltigen Cannabisprodukten und n = 39 Entwicklungen zu Produkten mit hohem CBD-Gehalt, auf die im Folgenden noch weiter eingegangen wird.

Laut n = 12 Konsumierenden habe die Häufigkeit des Mischkonsums mit THC-haltigem Cannabis zugenommen (n = 12) und würden THC-haltige Cannabisprodukte insgesamt häufiger konsumiert (n = 9). Ebenfalls habe sich nach Aussage von n = 5 Konsumierenden die Dosierung verändert. Weiterhin merkten n = 3 Konsumierende an, dass THC-haltiges Cannabis mit gefährlichen Streckstoffen/Beimengungen verkauft würde. Es wurde von Konsumierenden angeführt, dass THC-haltige Cannabisprodukte besonders leicht verfügbar (n = 10), besonders rein (n = 4) und besonders günstig (n = 6) seien.

Die leichte Verfügbarkeit von Produkten mit hohem CBD-Gehalt wurde von n = 14 Konsumierenden berichtet. Des Weiteren gaben n = 7 Konsumierende an, dass Produkte mit hohem CBD-Gehalt neu in der Szene aufgetaucht seien. Cannabisprodukte mit hohem CBD-Gehalt würden nach Aussage von n = 2 Konsumierenden zudem in letzter Zeit mit gefährlichen Streckstoffen/Beimengungen verkauft.

HHC

Insgesamt machten n = 73 Konsumierende Angaben zu Neuentwicklungen bezüglich HHC. Dabei wurde am häufigsten der rechtliche Status von HHC und/oder THC-haltigen Cannabisprodukten thematisiert bzw. der Gebrauch von HHC als vermeintlich legale Alternative zu THC (n = 51). Weiterhin berichteten n = 12 Konsumierende über die leichte Verfügbarkeit von HHC, unter anderem an Tankstellen und Kiosks. Zudem äußerten sich n = 5 Konsumierende zur Wirkung von HHC, insbesondere auch im Vergleich zu der von THC. Auf die Vermarktung von HHC in den sozialen Medien gingen ebenfalls n = 7 Konsumierende ein.

Weiterführende Informationen finden sich in dem im September 2023 erschienenen Trendspotter-Bericht zu HHC.

Kokain und Crack

Vonseiten der Konsumierenden machten insgesamt n = 24 Angaben zu Kokain. Dabei bezogen sich n = 11 darauf, dass die Häufigkeit des Konsums allgemein gestiegen sei, und weitere n = 13 darauf, dass der Mischkonsum zugenommen habe. Hierbei gaben = 5 Konsumierende an, dass Kokain vorrangig mit Alkohol kombiniert würde. Weiterhin würde Kokain höher dosiert (n = 4) und häufiger innerhalb der Partyszene sowie von Jugendlichen in bereits jungem Alter konsumiert. Auch die Art der Einnahme habe sich laut n = 4 Konsumierenden verändert, ohne dass hierzu nähere Angaben gemacht wurden. Des Weiteren sei Kokain in der letzten Zeit besonders rein (n = 9), besonders leicht verfügbar (n = 5) und besonders günstig (n = 5).

Expert:innen aus dem niedrigschwelligen Bereich, die sich auf das gesamte Bundesgebiet, Berlin, Düsseldorf, Würzburg und München bezogen, berichteten insgesamt von einem Anstieg des Crackkonsums (oder zumindest in seiner Sichtbarkeit), wobei für München eingeschränkt wurde, dass man hier oftmals nur schwer bestimmen könne, ob tatsächlich Crack oder nicht doch synthetische Cathinone geraucht würden. Demnach würde ein Teil der ausgegebenen Crackpfeifen mit Sicherheit auch für „Badesalz“ verwendet. Für jeweils zwei nord- und ostdeutsche Großstädte sowie eine Stadt in Baden-Württemberg wurden hingegen keine Veränderungen in der letzten Zeit beobachtet. Allerdings blieb den Expert:innen zufolge das Niveau in Hamburg nach wie vor hoch.

In Bezug auf Kokain ergibt sich laut den Expert:innen insgesamt ein ähnliches Bild, wobei in der Stadt in Baden-Württemberg ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen sei und in einer der beiden ostdeutschen Großstädte zumindest ein leichter.

Bei den betreffenden Crack-/Kokainkonsumierenden handle es sich zumeist jedoch um keine „neuen“ Konsumierenden, sondern um Menschen, die z.B. aufgrund ihres Opioidkonsums bereits an das Hilfesystem angebunden seien. Die Mehrheit der Klientel konsumiere zudem polyvalent, d.h. Crack/Kokain werde beispielsweise häufig mit Heroin kombiniert.

In Bezug auf die verschiedenen Darreichungsformen von Crack sei bemerkenswert, dass in manchen Städten, etwa Düsseldorf oder Berlin, im letzten Jahr der Verkauf konsumfertiger Steine, die direkt an Ort und Stelle geraucht werden könnten, zugenommen habe. Andernorts, etwa Hamburg, sei hingegen ein gegenläufiger Trend beobachtbar. D.h., hier sei Crack „aus eigener Herstellung“ momentan verbreiteter, was vor 15 Jahren sicherlich noch nicht der Fall gewesen sei. Dass beispielsweise auch in München Crack eher unter Zugabe von Ammoniak/Natron aus Kokain selbst gekocht würde, hinge auch mit der aktuell hohen Reinheit und Verfügbarkeit von Kokain zusammen, zumal der Bezug von Kokain hier im Vergleich zu konsumfertigen Steinen deutlich preiswerter sei. Allerdings komme es mittlerweile auch vor, dass Kokain mit synthetischen Cathinonen gestreckt würde. In Berlin gestalte sich hingegen der Bezug von Steinen günstiger als die eigene Herstellung.

Laut verschiedenen Expert:innen würde Kokain häufig intravenös konsumiert, wobei aus einer Stadt in Baden-Württemberg ein leichter Anstieg berichtet wurde. Ein/e Expert:in ergänzte zudem, dass der (hier zumeist nasale) Konsum von Kokain auch innerhalb der Partyszene zugenommen habe.

Weitere Informationen zu Crack finden sich in dem im Dezember 2021 erschienenen Trendspotter-Bericht zu Crack sowie im Update dazu, welches im Februar 2023 veröffentlich wurde.

Heroin

Ein/e Expert:in aus einer ostdeutschen Stadt berichtete, dass die Zahl an Heroinkonsumierenden hier zugenommen habe, wenngleich der intravenöse Konsum parallel zurückgegangen sei. Dafür sei ein gesteigertes Interesse an Rauchfolien zu verzeichnen.

In einer anderen ostdeutschen Stadt sei hingegen keine Veränderung im Heroinkonsum bemerkbar, jedoch handle es sich hierbei, neben Methamphetamin (Crystal Meth), nach wie vor um die Hauptsubstanz. Auch aus Hamburg hieß es, dass Heroin, allerdings hier neben Crack und Kokain, gleichbleibend zu den Hauptsubstanzen zähle.

Ein/e Expert:in aus Baden-Württemberg gab hingegen an, dass Heroin in ihrem/seinem Zuständigkeitsgebiet rückläufig zu sein scheine, da seltener nach Ascorbinsäure, welches normalerweise zum Aufkochen von Heroin verwendet wird, nachgefragt würde.

Ketamin

Zu neuen Entwicklungen bezüglich Ketamins äußerten sich insgesamt n = 34 Konsumierende. Dabei gaben n = 5 an, dass Ketamin neu in der Szene aufgetreten sei. Es werde allgemein häufiger konsumiert (n = 12) und auch die Häufigkeit des Mischkonsums sei gestiegen (n = 18), z. B. mit MDMA (n = 3). Auch die Art der Einnahme habe sich nach Angaben von n = 4 Konsumierenden verändert, wobei n = 1 Konsumierender darauf verwies, dass Ketamin vermehrt intravenös konsumiert werde. N = 3 Konsumierende gaben außerdem an, dass Ketamin höher dosiert werde. Es wurde berichtet, dass Ketamin besonders leicht verfügbar (n = 2), besonders rein (n = 4) und besonders günstig (n = 2) sei.

Lachgas

Zu Neuentwicklungen bezüglich Lachgas machten n = 28 Konsumierende Angaben, n = 7 bezogen sich dabei darauf, dass Lachgas neu in der Szene aufgetaucht sei. Die Häufigkeit des Mischkonsums von Lachgas habe laut n = 3 Konsumierenden zugenommen. Lachgas werde häufiger von Jugendlichen konsumiert (n = 3). Die besonders leichte Verfügbarkeit wurde von n = 12 Konsumierenden hervorgehoben. Dabei wurden das Internet und Kiosks als Bezugsquellen (n = 7) hervorgehoben. Außerdem wurde von n = 6 Konsumierenden der besonders günstige Preis genannt.  

Obwohl Lachgas in der primären Zielgruppe der befragten Expert:innen keine oder höchstens eine untergeordnete Rolle spiele, wurde an verschiedenen Stellen darauf hingewiesen. Vielerorts, d.h. häufig an unter Jugendlichen beliebten Hotspots, seien gebrauchte Lachgaskartuschen (z.T. noch zusammen mit Luftballons) zu finden. Als besonders kritisch wurde die weite Verbreitung unter Jugendlichen/jungen Erwachsenen, auch im Partykontext, benannt sowie die leichte Verfügbarkeit über Kiosks/Spätis und die Bewerbung über Social Media.

Allgemein neue Phänomene

Von den insgesamt n = 135 Konsumierenden, die über Neuentwicklungen berichteten, beschrieben n = 44 Konsumierende allgemein neue Phänomene. Sie bezogen sich dabei unter anderem darauf, dass der Substanzkonsum in der Rave-, Techno- und Party-Szene zunehmend normalisiert würde, aber der Zusammenhalt der Personen insbesondere in der Rave-Szene weniger sei. Außerdem würde ein zunehmend (unkontrollierter) Konsum und Mischkonsum stattfinden.

Im Rahmen der Fokusgruppe mit Expert:innen vorwiegend aus dem niedrigschwelligen Bereich wurde aus zwei norddeutschen Großstädten sowie Düsseldorf berichtet, dass in der letzten Zeit – sowohl in den Konsumräumen als auch in den Kontaktläden – die Zahl der Besucher:innen oder zumindest die der Kontakte stark angestiegen sei. In diesem Zusammenhang wurde aus einer der beiden norddeutschen Städte sowie München ergänzt, dass zudem die Zahl der ausgegebenen Konsumutensilien (Spritzen, Nadeln, Safer Crack Packs usw.) deutlich zugenommen habe, unabhängig davon, was damit konsumiert würde.

Mit Blick auf die gesamte Bundesrepublik wurde berichtet, dass, wenngleich nicht überall in gleicher Weise, die Einrichtungen insgesamt tendenziell Plätze zum intravenösen Konsum zurückbauen würden, um dafür mehr Raum für den inhalativen Konsum sowohl von Opiaten/Opioiden als auch von Kokain und Crack zu schaffen. Die Verlagerung hin zum vermehrt inhalativen Konsum spiegle sich auch in der Zahl ausgegebener Folien wider, die insbesondere auf einen Anstieg des inhalativen Konsums von Heroin zurückzuführen sei. In München sei der intravenöse Konsum nicht zurückgegangen, sondern der inhalative Konsum vielmehr hinzugekommen. Außerdem sei die Zahl der verstorbenen Drogengekonsumierenden gestiegen.

Zwar sei der bundesweit, zumindest mancherorts, beobachtete Trend, weg vom intravenösen Konsum hin zum inhalativen, aufgrund der deutlich geringeren Gesundheitsrisiken an sich zu begrüßen, allerdings verhalte sich dieser gegenläufig zum Anstieg erstmalig diagnostizierter HIV-Infektionen bei Drogenkonsumierenden. Dieser sei am ehesten mit den zunehmend prekären Lebensverhältnissen der Menschen zu erklären. So wurde von verschiedenen Expert:innen eine zunehmende Verelendung sowie Obdachlosigkeit beschrieben. Kriminelle Handlungen beschränkten sich nicht mehr nur auf die Beschaffung von Drogen, sondern tangierten mittlerweile auch Alltagsgegenstände wie Hygieneartikel oder Essen. Vielfach wurde angeführt, dass die Szene im öffentlichen Raum insgesamt merklich sichtbarer geworden sei, was unter anderem durch den zunehmenden inhalativen Konsum bzw. den Verkauf konsumfertiger Produkte begünstigt würde.

Des Weiteren sei eine Zunahme an psychische Auffälligkeiten, etwa einem gesteigerten Aggressionspotenzial, sowie ein breites Spektrum an psychiatrischen Erkrankungen bei der Klientel zu verzeichnen, was aufseiten der Suchthilfe zu stets neuen Herausforderungen führe. Die Zunahme an psychischen Auffälligkeiten könne zwar teils mit dem vermehrten Konsum bestimmter Substanzen, darunter Crack und synthetische Cathinone, in Verbindung stehen, allerdings hielte dieser Erklärungsversuch sicherlich nicht überall und auch nicht ausschließlich stand, zumal polyvalenter Konsum die Regel und nicht die Ausnahme sei. Zudem könne das zunehmende Alter der Klientel eine Rolle spielen sowie die allgemeine Verschlechterung ihrer (gesundheitlichen) Situation, bedingt durch z.B. Wohnungslosigkeit sowie unzureichende Anbindung an Hilfesysteme und häufig in Zusammenhang mit Migration. Auch der, etwa aufgrund der gestiegenen Zahl an Besucher:innen pro Tag, erzwungene engere Kontakt zu anderen Konsumierenden trage, zumindest mancherorts, zu einer gereizteren Stimmung bei

Forenanalyse

Was haben wir gemacht?

Im Beobachtungszeitraum vom 1. September bis zum 30. November 2023 wurden in überwiegend deutschsprachigen Beiträgen aus insgesamt fünf Drogenforen im Internet verschiedene Substanzen identifiziert, die besonders häufig Erwähnung fanden. Diese Substanzen können zumindest im weiteren Sinne den NPS zugerechnet werden. Es wurde die Gesamtzahl aller Forenbeiträge pro Substanz sowie die Anzahl der Posts zu bestimmten Themen erfasst. Zudem wurden die konkret besprochenen Inhalte der jeweiligen Themen grob skizziert.

Was haben wir festgestellt?

In der Tabelle unten werden die am häufigsten in Forenbeiträgen erwähnten NPS dargestellt. Es wird sowohl die Gesamtzahl der Posts als auch die Anzahl der Posts zu spezifischen und wiederholt aufkommenden Themen erfasst.

Anzahl der Posts zu im Rahmen von Forenbeiträgen häufig erwähnten NPS insgesamt sowie zu bestimmten Themen.

 
Anzahl der Posts zu bestimmten Themen
Substanz / Substanzklasse Anzahl der Posts ges. Wirkung Neben-wirkungen Konsum-muster rechtlicher Status chem. Detail-fragen Einkauf Her-stellung
(Halb-)synthetische Cannabinoide                
Hexahydrocannabinol (HHC) 932 296 209 205 77 9 64 31
Halluzinogene Research Chemicals                
1D-LSD 407 245 24 57 30 5 12 -
1T-LSD 41 2 - 5 7 2 25 -
Synthetische Opioide                
O-Desmethyltramadol (O-DSMT) 402 81 158 70 29 15 35 10
„Designer-Benzodiazepine“/Pro Drugs                
Rilmazafone 208 64 39 63 20 - 16 -
Cathinone                
α-Pyrrolidinoisohexanophenon 43 7 5 9 2 - 15 -

 

Zu dem halbsynthetischen Cannabinoid HHC wurden die meisten Forenbeiträge verfasst. Am häufigsten wurde die (mögliche) Wirkung besprochen, dicht gefolgt von den Nebenwirkungen und Konsummustern. Hierbei ging es vor allem um die Vergleichbarkeit mit THC, Abstinenz und Entzug, die Applikation in Form von Vapes sowie Edibles und Mischkonsum. Auch wurde der rechtliche Status der Substanz besprochen, insbesondere in Zusammenhang mit der Nachweisbarkeit der Substanz in Verkehrskontrollen, bei der MPU oder in Haaranalysen. Die Herstellung wurde ebenfalls häufig diskutiert.

In Bezug auf die LSD-Derivate 1D-LSD und 1T-LSD, die als Nachfolger von 1V-LSD gelten (welches inzwischen jedoch durch das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz, NpSG, abgedeckt wird), wurde ebenfalls vermehrt der rechtliche Status diskutiert. Dabei ging es u.a. um die Rechtslage in Österreich bzw. die Dauer bis zum Verbot in Deutschland sowie die Nachweisbarkeit der Stoffe in Haaranalysen. Vor allem wurden die beiden Substanzen jedoch bzgl. ihrer Wirkung und Nebenwirkungen mit LSD und anderen Halluzinogenen verglichen. Auch der Verkauf von 1D-LSD wurde immer wieder thematisiert.

Das synthetische Opioid O-Desmethyltramadol (ODSMT) wurde am häufigsten in Zusammenhang mit dem Thema Entzug und Abhängigkeit sowie dem Aufenthalt in der Psychiatrie diskutiert. Ein weiteres häufiges Thema war die Selbstmedikation mit ODSMT als Einschlafhilfe. Zudem wurden Beiträge zum Mischkonsum, zu Falschdeklarationen und Sicherstellungen durch den Zoll sowie zur Legalität veröffentlicht.

Rilmazafone wurde vor allem bezüglich seiner Wirkung und der Konsummuster besprochen. Die Potenz würde zu hoch angegeben. Zudem würde es häufig mit anderen Substanzen kombiniert, darunter Bretazenil, Kokain, LSD und Ketamin, und intravenös konsumiert. Auch der rechtliche Status und Nebenwirkungen wie Abhängigkeit waren ein Thema.

In Forenbeiträgen zu dem Cathinon α-Pyrrolidinoisohexanophenon (alpha-PiHP) wurde über die schlechte Qualität und den intravenösen Konsum gesprochen. Außerdem wurde auch der Vergleich zu Speed hergestellt und Nebenwirkungen wie Venenschäden waren ein Thema.

Analyse von Substanzproben und Warnmeldungen

Was haben wir gemacht?

Seit Ende August 2022 werden über aktuell 17 NEWS-Abgabestellen Substanzproben entgegengenommen, die über das IFT anonymisiert zur Analyse an das EU-Projekt ADEBAR plus eingeschickt werden. Nähere Informationen dazu finden sich auch auf unserer Website. In der vorliegenden Auswertung wurden insgesamt 22 Proben berücksichtigt, deren Befundberichte zwischen dem 1. September und dem 30. November 2023 bei uns eingetroffen sind.

Was haben wir festgestellt?

In zwei der insgesamt 22 Substanzproben wurden psychoaktive Inhaltsstoffe festgestellt, die laut Verkäuferangaben und Konsumierendenerwartungen nicht hätten enthalten sein sollen. Eine Substanz wurde als 3-Methylmethcathinon (3-MMC) verkauft, jedoch wurde in dem weißen Feststoff 3-Chlormethcathinon (3-CMC) neben iso-3-Chlormethcathinon und Spuren von Ketamin identifiziert. Die Substanz hatte unerwartete Nebenwirkungen, welche sich in u.a. heftigen Schweißausbrüchen äußerten. In einer zweiten Substanz wurde neben dem erwarteten Wirkstoff Amphetamin noch Kokain (sowie Koffein und 1-Phenethylamin) festgestellt, wobei das Kokain auf eine durch den Konsumierenden verursachte Verunreinigung gedeutet werden konnte.

Eine weitere Probe wurde entgegen der Erwartung, dass die Substanz MDMA enthalte, ausschließlich Paracetamol identifiziert.

In den übrigen n = 19 (86,4 %) Proben wurden die Wirkstoffe festgestellt, die bei Abgabe angegeben wurden, z.T. waren diese jedoch gestreckt mit Paracetamol, Koffein und anderen Stoffen.

Die im Beobachtungszeitraum am häufigsten eingesendete und festgestellte Substanz war Amphetamin (n = 7), meist gestreckt mit Koffein. In zwei Fällen wurde in den Amphetaminproben anstelle von oder zusätzlich zu Koffein 1-Phenethylamin festgestellt. Eine dieser Proben enthielt zudem noch Kokain (s.o.). Ein Überblick über sämtliche Analyseergebnisse im Beobachtungszeitraum ist Abbildung 4 zu entnehmen.

n =22

* Eine der Amphetamin-Proben enthielt 1-Phenethylamin anstatt Koffein, eine weitere Amphetamin-Probe enthielt zusätzlich zu Koffein noch Kokain und 1-Phenethylamin.

** Eine der Kokain-Proben enthielt zusätzlich Spuren von Heroin mit Paracetamol und Koffein.

*** Eine THC-Probe bestand aus CBD-Hanf mit Spuren von THC und HHC.

Die Einsendegründe der Konsumierenden, die Substanzen abgaben, bezogen sich zumeist auf die Wirkungsweise der Substanz (Mehrfachnennungen möglich). Als Grund für die Abgabe einer Substanzprobe nannten n = 9 Personen unerwartete/besonders heftige Nebenwirkungen, wie beispielsweise Schwindel, Bewusstlosigkeit, Halluzinationen bis hin zu Angstzuständen und Todesangst. Weitere n = 9 Personen gaben an, die Substanz wirke qualitativ anders als erwartet und sei bspw. aufputschend anstatt sedierend oder vice versa.

In zwei Fällen kam es zu einem Rettungsdiensteinsatz, wobei es sich bei einer Situationen um einen schweren, potenziell lebensbedrohlichen Notfall handelte, bei dem ein/e Konsument:in Ketamin und MDMA zusammen konsumiert habe. Bei der Laboranalyse der Einzelsubstanzen konnten allerdings keine Auffälligkeiten festgestellt werden.

Zudem wurde am 8. Dezember 2023 eine Warnmeldung zu einer Probe veröffentlicht (deren Befundbericht uns allerdings erst nach dem 30. November 2023 erreichte). Diese betraf eine als „pures 4-MMC“ (Mephedron, 4-Methylmethcathinon) verkaufte Substanz, die stattdessen jedoch 4-Chlormethcathinon (4-CMC) enthielt und deren Konsum in heftigen Nebenwirkungen resultierte.