Risiken im Netz

Leitfaden für Online-Recherche zu Drogen- und Sucht-Themen

In einer zunehmend digitalisierten Welt sind junge Menschen täglich mit einer Vielzahl von Informationen, Meinungen und Inhalten konfrontiert – insbesondere auch zu Themen wie Drogenkonsum und Suchtverhalten. Bei der Meinungsbildung und Informationsbeschaffung spielen soziale Medien, Streaming-Plattformen und Online-Communities eine zentrale Rolle.

Eine fundierte Medienkompetenz hilft dabei, Informationen kritisch zu hinterfragen, zwischen Fakten und Meinungen zu unterscheiden und den eigenen Umgang mit digitalen Inhalten bewusst zu gestalten. Gerade im Kontext der Drogenaufklärung ist dies von besonderer Bedeutung: Wie werden Drogen in digitalen Medien dargestellt? Welche Botschaften werden vermittelt – offen oder subtil? Und wie kann man junge Menschen dabei unterstützen, reflektierte Entscheidungen zu treffen?

Diese Informationen sollen einen Beitrag dazu leisten, mediale Darstellungen von Drogen sachlich zu beleuchten und gleichzeitig Fähigkeiten im verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien zu fördern. Ziel ist es, Orientierung zu bieten – ohne zu werten oder zu bevormunden.

Risiken beim Onlinekauf von Drogenprodukten

Online-Shops, die psychoaktive Substanzen oder sogenannte „Legal Highs“ anbieten, wirken auf den ersten Blick oft professionell und vertrauenswürdig. Sie bewerben ihre Produkte mit Versprechen wie „rein“, „natürlich“ oder „legal“ – häufig ohne transparente Informationen über Herkunft, Zusammensetzung oder mögliche Wirkungen. Was dabei selten deutlich wird: Kauf und Konsum solcher Substanzen sind mit erheblichen Risiken verbunden.

Ein zentrales Problem liegt in der mangelnden Qualitätskontrolle. Anders als bei regulierten Arzneimitteln oder Lebensmitteln unterliegen viele dieser Produkte keiner behördlichen Überwachung. Inhaltsstoffe können in ihrer Potenz stark schwanken, verunreinigt sein oder gar andere Substanzen (Derivate) enthalten als deklariert. Das macht Dosierung und Wirkung unvorhersehbar – auch bei scheinbar „bekannten“ Produkten.

Hinzu kommt, dass es zu den meisten dieser Substanzen keine Langzeitstudien gibt. Die möglichen gesundheitlichen Folgen, Wechselwirkungen oder Abhängigkeitspotenziale sind oft kaum erforscht. Konsument*innen setzen sich damit unbekannten Risiken aus, die nicht sofort erkennbar sind.

Weitere Gefahrenquellen:

  • Falsche oder irreführende Angaben auf Verpackungen und Webseiten: Der tatsächliche Wirkstoffgehalt stimmt oft nicht mit der Beschreibung überein. Auch vermeintlich „pflanzliche“ Produkte wie bspw. Cannabisblüten können synthetische Stoffe enthalten.
  • Keine medizinische Beratung oder Aufklärung: Anders als im Gesundheitsbereich erhalten Käufer*innen keine verlässliche Information über Risiken, Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Substanzen.
  • Rechtliche Unsicherheit: Auch wenn ein Produkt als „legal“ beworben wird, kann der Besitz oder Konsum rechtlich problematisch sein. Gesetzeslagen ändern sich schnell, und strafrechtliche Konsequenzen sind nicht ausgeschlossen.
  • Online-Kauf auf seriös aussehenden Websites schützt nicht vor Folgen: Die Bestellung über das Internet vermittelt trügerische Sicherheit. Es ist nicht transparent, wie der jeweilige Onlineshop Daten speichert und welche Rolle Verbraucherschutz spielt – etwaige rechtliche oder gesundheitliche Konsequenzen sind nicht auszuschließen

Deshalb ist es wichtig, sich kritisch mit solchen Angeboten auseinanderzusetzen, Informationen aus vertrauenswürdigen Quellen zu suchen und mögliche Risiken nicht zu unterschätzen. Eine reflektierte Medienkompetenz hilft dabei, Werbebotschaften zu erkennen, Fakten zu prüfen und informierte Entscheidungen zu treffen.

Häufige Fehlinformationen in Online-Drogenshops

Viele Online-Shops, die psychoaktive Substanzen oder Ersatzstoffe vertreiben, nutzen gezielte Werbesprache, um Risiken zu verharmlosen oder Unsicherheiten zu verschleiern. Dabei kommen bestimmte Aussagen immer wieder vor, die beim genaueren Hinsehen irreführend oder schlicht falsch sein können. Hier einige typische Beispiele:

  • „100 % rein“ / „Laborgeprüft“

Diese Angaben klingen vertrauenswürdig, sind aber oft nicht nachvollziehbar belegt. Meist fehlen unabhängige Nachweise oder Analysenzertifikate, die wirklich Rückschlüsse auf Reinheit oder Sicherheit zulassen. Selbst bei vermeintlich geprüften Produkten kann die Qualität stark schwanken. Auch kann das auf die erste Charge zutreffen, bei einer Nachproduktion kann die Qualität ohne angepasste Potenzangabe sinken. Zudem wird dieser Hinweis dem Fakt nicht gerecht, dass hochreine Substanzen starke Nebenwirkungen und mitunter schwere Langzeitfolgen auslösen können.

  • „Natürlich“ oder „pflanzlich“

Diese Begriffe suggerieren Ungefährlichkeit, obwohl auch natürliche Substanzen sehr starke Wirkungen oder gefährliche Nebenwirkungen hervorrufen können. Häufig enthalten solche Produkte zusätzlich synthetisch hergestellte Wirkstoffe, die nicht deklariert sind. Auch werden Stoffe als „pflanzlich“ deklariert, die zwar in der Pflanze in geringer Konzentration vorkommen, aber erst durch menschliches Eingreifen mittels chemischer Extraktion so potenziert werden, dass eine rauscherzeugende Wirkung entstehen kann. Diese Stoffe werden ohne die anderen in der jeweiligen Pflanze natürlich vorkommenden Stoffe auf Trägermaterial aufgebracht oder als Reinsubstanz verkauft. Diese Präparate sollten wie Neue psychoaktive Stoffe – ohne Informationen zu Kurz und Langzeitwirkung, Wechselwirkungen und Langzeitrisiken – betrachtet werden.

  • Legal“ oder „nicht verboten“

Auch wenn ein Produkt zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht ausdrücklich unter das Betäubungsmittelgesetz oder Neue psychoaktive Stoffe Gesetz fällt, bedeutet das nicht, dass der Besitz oder Konsum rechtlich unbedenklich ist. Die Gesetzeslage kann sich schnell ändern und rechtliche Grauzonen bieten keine echte Sicherheit.

  • „Keine Nebenwirkungen bekannt“

Es gibt keine Wirkung ohne Nebenwirkung. Eine fehlende Dokumentation bedeutet nicht automatisch, dass ein Produkt ungefährlich ist. Vielmehr fehlen oft schlichtweg verlässliche Studien. Gerade bei neuen oder wenig erforschten Substanzen ist das Risiko von Nebenwirkungen oder Langzeitfolgen besonders schwer einzuschätzen.

  • „Nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt“

Diese Formulierung dient häufig dazu, rechtliche Verantwortung abzugeben. Obwohl die Produkte offensichtlich für den Konsum vermarktet werden, entziehen sich Anbieter damit jeder Verantwortung für mögliche gesundheitliche Schäden.

  • „Besser als…“ / „Sicherere und legale Alternative zu…“

Manche Shops vergleichen ihre Produkte mit bekannten Drogen wie Cannabis oder MDMA und stellen sie als „mildere“, „bessere“, „ungefährlichere“ oder „legale“ Alternativen dar – ohne fundierte Daten oder unabhängige Bewertungen. Solche Vergleiche sind oft irreführend und wissenschaftlich nicht haltbar. Auch können kleine Abweichungen in der Molekülstruktur unabsehbare Wirkungen hervorrufen.

Solche (Fehl-)Informationen sind Teil einer gezielten Marketingstrategie und nutzen Unwissenheit, fehlende alternative Bezugsquellen oder Neugier aus. Die Nutzung von Grauzonenprodukten wird immer weiter normalisiert und der Markt vergrößert sich. Eine gut entwickelte Medienkompetenz hilft, solche Aussagen und Angebote kritisch zu hinterfragen. Werbung und Produkte des erweiterten Schwarzmarktes können so besser von validen Informationen und seriösen Produkten unterschieden werden. Medienkompetenz auf dem Feld der psychoaktiven Substanzen hilft, sich nicht durch scheinbar harmlose Verpackungen oder Beschreibungen in falscher Sicherheit zu wiegen.

Subjektive Erfahrungen sind keine verlässliche Informationsquelle

Berichte und Empfehlungen anderer Konsumierender – zum Beispiel in Foren, auf Social Media oder im Freundeskreis – können eine Orientierung bieten, beruhen jedoch häufig auf subjektiven Wahrnehmungen. Dabei ist oft unklar, ob tatsächlich dieselbe Substanz oder Charge konsumiert wurde, da selbst äußerlich identische Drogenproben in ihrer Zusammensetzung stark variieren können.

Hinzu kommt: Jeder Mensch reagiert individuell auf psychoaktive Substanzen – körperliche Verfassung, psychische Verfassung, Umfeld und Dosis spielen dabei eine große Rolle. Was für eine Person eine „gute Erfahrung“ war, kann bei einer anderen Person zu unerwarteten oder sogar gefährlichen Wirkungen führen, selbst wenn es sich um die gleiche Probe handeln sollte.

Auf Social Media, in Werbung und in Musikvideos werden Drogen oft als positve Lifestyleprodukte dargestellt und beworben. Besonders junge Menschen bekommen vermittelt, dass Drogen nur positive Wirkungen hervorrufen. Konsum und Besitz von Substanzen wird als Gruppenzugehörigkeits-Muss in bestimmten Szenen deklariert.

 

Unseriöse Therapie-Angebote erkennen

Psychoaktive Substanzen wie Psilocybin, Ketamin oder MDMA rücken als Therapiemöglichkeit von psychischen Problemen zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit. Während an renommierten Einrichtungen wie der Charité oder OVID Clinic in Berlin, dem Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim therapeutische Wirkungen wissenschaftlich untersucht werden, gibt es online Werbung von kommerziellen Anbietern, die Heilung in sogenannten Psychedelic -Retreats versprechen. Ein begleiteter psychedelischer Trip wird als schnelle Lösung für komplexe Probleme verkauft. Auch hier soll dir Medienkompetenz dabei helfen, seriöse Studienangebote von gewinnorientierten Angeboten zu unterscheiden.

Studien an anerkannten Einrichtungen folgen strengen Standards. Dazu gehören:

  • Hohe Ausschluss Kriterien und strenge Einhaltung von übergeordneten Behandlungsleitlinien
  • medizinische und psychologische Voruntersuchung
  • strukturierte Vorbereitung und Nachsorge über mehrere Monate
  • klare Dosierung und sichere Umgebung
  • fachlich qualifiziertes Personal

Warnzeichen für fragwürdige Angebote

Einige Retreats bewegen sich in rechtlichen und ethischen Grauzonen. Diese Merkmale können auf mangelnde Seriosität hinweisen:

  • Heilungsversprechen ohne wissenschaftliche Basis
  • Fehlende oder unzureichend qualifizierte Begleitung, auch wenn medizinisches Personal anwesend ist
  • Viele Retreatteilnehmer pro Termin
  • Keine verpflichtende Nachsorge oder Integration
  • Unklare Herkunft und Dosierung der Substanzen
  • Intransparente Rechtslage im Anbieterland
  • Emotionale Werbebotschaften statt sachlicher Aufklärung

Bei einer Prüfung eines Angebots, helfen folgende Fragestellungen:

  • Welche Qualifikationen hat das Personal?
  • Welche Substanzen werden genau genutzt?
  • Gibt es Hinweise auf unabhängige Evaluation oder Forschung?
  • Werden Risiken offen kommuniziert?
  • Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten?

Psychedelika können therapeutisches Potenzial haben – aber nicht ohne professionelle Begleitung.

Verlässliche Substanzinformationen im Internet

Verlässliche Informationen stammen in der Regel aus wissenschaftlichen Studien, offiziellen Fachquellen oder aus Laboranalysen. Nur durch eine chemische Analyse der Substanz lässt sich mit Sicherheit sagen, was wirklich enthalten ist und in welcher Konzentration. Solche Informationswebseiten lassen sich an folgenden Punkten erkennen:

  • Keine Werbung für kommerzielle Angebote
  • Staatliche Förderung
  • Seriöse Trägerinstitutionen im Impressum
  • Keine Verlinkung zu Händlerwebseiten
  • Wertneutrale Informationen